Verhaltensbedingte Kündigung: Was Sie als Arbeitnehmer tun können!
Eine verhaltensbedingte Kündigung kann der Arbeitgeber dann aussprechen, wenn man als Arbeitnehmer schwerwiegend gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt.
Musste man bei einem bestimmten Verhalten, dass man an den Tag gelegt hat, damit rechnen, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses damit gefährdet sein kann, muss der Arbeitgeber keine Abmahnung vor der Kündigung aussprechen. Im Allgemeinen muss der Arbeitgeber vor einer verhaltensbedingten Kündigung jedoch abmahnen.
In diesem Beitrag informieren wir über die verhaltensbedingte Kündigung, unter welchen Voraussetzungen diese wirksam ist und was Arbeitnehmer tun können, wenn sie eine verhaltensbedingte Kündigung erhalten haben.
Übersicht:
- Was heißt verhaltensbedingt gekündigt?
- Kann man verhaltensbedingt gekündigt werden, ohne zuvor eine Abmahnung bekommen zu haben?
- Welche Voraussetzungen hat eine verhaltensbedingte Kündigung?
- Was sind verhaltensbedingte Gründe für eine Kündigung?
- Was tun bei verhaltensbedingter Kündigung?
- Fazit
- FAQ
1. Was heißt verhaltensbedingt gekündigt?
Wenn der allgemeine Kündigungsschutz für ein Arbeitsverhältnis gilt, dann muss eine ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt sein, damit sie wirksam ist.
Für die soziale Rechtfertigung muss einer der drei gesetzlichen Kündigungsgründe aus § 1 KSchG vorliegen. Die ordentliche Kündigung muss demnach entweder aus betriebsbedingten, personenbedingten oder verhaltensbedingten Gründen vom Arbeitgeber ausgesprochen werden.
Voraussetzungen des allgemeinen Kündigungsschutzes
Damit der allgemeine Kündigungsschutz für ein Arbeitsverhältnis gilt, müssen zwei Voraussetzungen vorliegen
- Zum einen müssen in dem Unternehmen mehr als 10 in Vollzeit beschäftigte Mitarbeiter arbeiten. In Teilzeit beschäftigte Mitarbeiter zählen entsprechend ihres Anteils an einer Vollzeitbeschäftigung ebenso.
- Zum anderen muss für das konkrete Arbeitsverhältnis die Wartezeit erfüllt sein. Erst wenn der Arbeitnehmer 6 Monate in dem Unternehmen beschäftigt ist, gilt für ihn der allgemeine Kündigungsschutz. Auf die Länge der Probezeit kommt es dabei nicht an.
Verhaltensbedingte Kündigung setzt Pflichtverstoß voraus
Aus dem Arbeitsverhältnis und dem zugrunde liegenden Arbeitsvertrag haben sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber bestimmte Pflichten.
Zu den Hauptpflichten des Arbeitgebers zählen die Beschäftigung des Arbeitnehmers und die Entlohnung. Arbeitnehmer müssen ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen und arbeiten. Daneben gelten aber auch z.B. Rücksichtnahmepflichten. Der Arbeitnehmer darf z.B. nicht vorsätzlich Eigentum des Unternehmens beschädigen oder entwenden.
Falls der Arbeitnehmer nun gegen die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstößt, kann dies eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Das Verhalten des Arbeitnehmers entspricht in diesem Fall nicht dem, was der Arbeitsvertrag vorschreibt und der Arbeitnehmer schuldet.
Es muss sich dabei aber auch um ein steuerbares Verhalten handeln. Das heißt, der Arbeitnehmer könnte an dem Verhalten, das hinsichtlich der Pflichten aus dem Arbeitsvertrag problematisch ist, auch etwas ändern. Der Arbeitnehmer könnte z.B. aufhören, zu spät zu kommen, indem er früher losfährt.
Verhaltensbedingter Pflichtverstoß muss steuerbar sein
Liegt in dem Pflichtenverstoß aber kein steuerbares Verhalten, dann scheidet eine verhaltensbedingte Kündigung aus.
Verliert z.B. ein LKW-Fahrer seinen Führerschein, liegt kein steuerbares Verhalten vor. Dann kann eine personenbedingte Kündigung ausgesprochen werden.
Ähnliches gilt z.B. bei gesundheitlichen Einschränkungen oder Langzeiterkrankungen, da der Arbeitnehmer auch hier keine Möglichkeit hat, darauf durch eine Verhaltensänderung Einfluss zu nehmen.
Fristlose verhaltensbedingte Kündigung
Eine verhaltensbedingte Kündigung kann vom Arbeitgeber auch fristlos ausgesprochen werden. Hierfür muss der begangene Pflichtverstoß des Arbeitnehmers jedoch sehr schwerwiegend sein. Hierbei sind jedoch der Einzelfall und die Umstände entscheidend.
Eine fristlose verhaltensbedingte Kündigung kann z.B. dann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer beim Diebstahl von Eigentum des Unternehmens erwischt wird oder stetig zu spät zur Arbeit erscheint, so dass diese Unpünktlichkeit einer beharrlichen Arbeitsverweigerung gleichkommt.
Auch Arbeitszeitbetrug oder andere Straftaten können eine außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Im Allgemeinen muss jedoch vor einer verhaltensbedingten Kündigung abgemahnt werden.
Was sollte man im Falle einer fristlosen Kündigung tun? Diese Frage beantworten wir in diesem Beitrag.
2. Kann man verhaltensbedingte gekündigt werden, ohne zuvor eine Abmahnung bekommen zu haben?
Bei der verhaltensbedingten Kündigung legt der Arbeitnehmer ein Verhalten an den Tag, das gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt und den Arbeitgeber damit zur Kündigung berechtigt.
Dabei wird ein Verhalten vorausgesetzt, das vom Arbeitnehmer auch steuerbar ist. Der Arbeitnehmer kann also auf das unerwünschte und gegen die Pflichten verstoßende Verhalten Einfluss nehmen und dies unterlassen.
Abmahnung soll Möglichkeit des pflichtgemäßen Verhaltens bieten
Um dem Arbeitnehmer aber dieses unerwünschte Verhalten aufzuzeigen und ihn zu einem pflichtgemäßen Verhalten anzuhalten, kann und muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf den Pflichtverstoß hinweisen. Dieser Hinweis kann schriftlich als Abmahnung erfolgen.
Verstößt der Arbeitnehmer nach einer bereits erfolgten Abmahnung weiterhin gegen die gleichen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag und legt das gleiche Verhalten erneut an den Tag, kann der Arbeitgeber verhaltensbedingt kündigen. Es gibt keine allgemeine Regel nach wie vielen einschlägigen Abmahnungen das Arbeitsverhältnis gekündigt werden wird.
Mehr zum Thema Abmahnung lesen Sie in diesem Beitrag.
Verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung
Wenn eine Abmahnung von vornherein keinen Erfolg bringen wird, kann der Arbeitgeber auch ohne vorherige Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen. Dies kann der Fall sein, wenn ein Arbeitnehmer ankündigt, weitere ähnliche Pflichtverstöße zu begehen, da die Abmahnung in diesem Fall auf das zukünftige Verhalten keinen Effekt haben wird.
Gleiches gilt, wenn der Pflichtverstoß so gravierend ist, weil der Arbeitnehmer erkennen kann, dass er mit seinem Verhalten zweifelsfrei seinen Arbeitsplatz riskiert. Auch dann muss der Arbeitgeber nicht vorher abmahnen.
3. Welche Voraussetzungen hat eine verhaltensbedingte Kündigung?
Neben dem Vorliegen eines pflichtwidrigen Verhaltens und der vorherigen Abmahnung bzw. der Tatsache, dass eine vorherige Abmahnung entbehrlich ist, muss eine verhaltensbedingte Kündigung weitere Voraussetzungen erfüllen, um wirksam zu sein.
Zum einen muss ein Pflichtverstoß schuldhaft und rechtswidrig sein. Liegen z.B. Entschuldigungsgründe vor, dann ist der Pflichtverstoß nicht schuldhaft bzw. rechtswidrig. Bei einer Unpünktlichkeit wegen eines außergewöhnlichen Ausfalls der öffentlichen Verkehrsmittel, scheidet eine Schuld des Arbeitnehmers aus.
Verhältnismäßigkeit der verhaltensbedingten Kündigung
Eine verhaltensbedingte Kündigung muss darüber hinaus auch verhältnismäßig sein. Die Kündigung muss dabei das letzte Mittel sein. Es darf für den Arbeitgeber kein milderes Mittel geben, um die Störung des Arbeitsverhältnisses für die Zukunft zu beseitigen.
Mildere Mittel können z.B. eine weitere Abmahnung sein oder eine Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz, bei dem nicht mehr mit Störungen zu rechnen ist, z.B. ohne Kundenkontakt.
Interessenabwägung
Zuletzt muss der Arbeitgeber auch eine Interessenabwägung durchführen. Dabei sind die Interessen des Arbeitgebers an der verhaltensbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen die Interessen des Arbeitnehmers an der weiteren Beschäftigung abzuwägen.
Für den Arbeitnehmer kann sprechen, dass das Arbeitsverhältnis z.B. lange Zeit ohne Pflichtverstöße bestanden hat oder die soziale Situation des Arbeitnehmers, z.B. beim Bestehen von Unterhaltsansprüchen etc.
Gegen den Arbeitnehmer kann sprechen, dass sein Verhalten etwa erhebliche Auswirkungen auf den Betrieb hat oder es durch das Verhalten zu Störungen des Betriebsfriedens gekommen ist bzw. immer noch kommt.
4. Was sind verhaltensbedingte Gründe für eine Kündigung?
Um eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen, muss ein Verhalten des Arbeitnehmers vorliegen, bei dem er gravierend gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt.
Der Grund der Kündigung liegt also darin, dass der Arbeitnehmer gegen seine Pflicht zur weisungsgemäßen Verrichtung seiner Arbeit aus dem Arbeitsvertrag verstößt oder seinen Rücksichtnahmepflichten bzw. Loyalitätspflichten gegenüber seinem Arbeitgeber nicht nachkommt.
Verhaltensbedingte Kündigung Beispiele:
- Straftaten gegenüber dem Arbeitgeber, z.B. Diebstahl oder Arbeitszeitbetrug
- Selbstbeurlaubung
- Angekündigtes “Krankfeiern”
- Tätlichkeiten, Gewaltandrohung oder sexuelle Übergriffe gegenüber Arbeitgeber, Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden
- Verstoß gegen die Betriebsordnung, wie private Nutzung von Internet oder Telefon, Konsum von Alkohol und Drogen oder Rauchen, wenn dies durch die Betriebsordnung ausdrücklich verboten ist
- Arbeitsverweigerung bzw. Minderleistung, wenn der Arbeitnehmer z.B. absichtlich zu langsam oder fehlerhaft arbeitet
- Verstoß gegen Wettbewerbsklauseln, z.B. Konkurrenztätigkeit zum Nachteil des Arbeitgebers
- Verstoß gegen Verbot einer Nebentätigkeit
- Öffentliche Beleidigung des Arbeitgebers
- Anzeigen des Arbeitgebers bei Behörden oder Staatsanwaltschaft wider besseren Wissens des Arbeitnehmers
5. Was tun bei verhaltensbedingter Kündigung?
Wenn Sie als Arbeitnehmer eine verhaltensbedingte Kündigung bekommen haben, egal ob eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung, haben Sie die Möglichkeit, gegen die Kündigung vorzugehen.
Für die Kündigungsschutzklage haben Arbeitnehmer 3 Wochen Zeit, nachdem das Kündigungsschreiben zugegangen ist.
Mehr zum Thema Kündigungsschutzklage lesen Sie in diesem Beitrag.
Die Kündigungsschutzklage bietet die Möglichkeit, die verhaltensbedingte Kündigung vor dem Arbeitsgericht auf ihre rechtliche Wirksamkeit überprüfen zu lassen. Außerdem eröffnen Kündigungsschutzprozesse häufig die Möglichkeit, mit dem Arbeitgeber einen Vergleich zu verhandeln, verbunden mit einer Abfindungszahlung für den Verlust des Arbeitsplatzes.
Nimmt man die verhaltensbedingte Kündigung lediglich hin, ohne eine Klage anzustrengen, wird man in jedem Fall keine Abfindung erhalten, da die Kündigung nach Verstreichen der Klagefrist rechtswirksam wird. Außerdem droht dann auch eine Sperrzeit beim etwaigen Bezug von Arbeitslosengeld. Bei einem Vergleich sind die Arbeitgeber häufig bereit, die erhobenen Vorwürfe gegen den Arbeitnehmer zurückzunehmen, so dass keine Sperrzeit droht.
Verhaltensbedingte Kündigung Sperrzeit
Bei der Arbeitslosenversicherung handelt es sich dem Namen nach um eine Versicherung. Durch die gezahlten Beiträge versichert man sich gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit. Wird man dann unverschuldet arbeitslos, erhält man als Versicherungsleistung das Arbeitslosengeld.
Bei einer berechtigten, verhaltensbedingten Kündigung wurde man allerdings nicht unverschuldet arbeitslos. Den Kündigungsgrund hat der Arbeitnehmer bei der verhaltensbedingten Kündigung gerade selbst gesetzt und hat somit den Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben. Dies wird deshalb i.d.R. dazu führen, dass die Bundesagentur für Arbeit ein versicherungswidriges Verhalten vorwirft.
Dies führt wiederum i.d.R. dazu, dass die Bundesagentur für Arbeit für den Bezug von Arbeitslosengeld eine Sperrzeit von 12 Wochen gem. § 159 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III verhängen wird. In diesen 12 Wochen erhält man kein Arbeitslosengeld I und ist finanziell auf sich alleine gestellt. Die Bezugszeit des Arbeitslosengeldes wird auch nicht verlängert, sondern die 12 Wochen Sperrzeit verkürzen den Bezugszeitraum des Arbeitslosengeldes.
Bei einem rechtlichen Vorgehen gegen eine verhaltensbedingte Kündigung können diese negativen und teilweise existenzgefährdenden Folgen häufig vermieden werden.
Gerne beraten wir Sie hierzu!
6. Fazit
- Verhaltensbedingte Kündigungen erfolgen aufgrund von Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers, Es muss sich dabei um steuerbares Verhalten handeln. Der Pflichtverstoß muss zudem schuldhaft und rechtswidrig sein.
- Vor einer Kündigung muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer schriftlich im Rahmen einer Abmahnung auf den Pflichtverstoß hinweisen.
- Verhaltensbedingte Kündigungsgründe können unter anderem unentschuldigtes Fehlen, Arbeitsverweigerung, Beleidigungen gegenüber Vorgesetzten oder Kollegen, Verstöße gegen betriebliche Regeln, oder unerlaubte Nebentätigkeiten umfassen.
- Arbeitnehmer haben im Rahmen einer Kündigungsschutzklage die Möglichkeit gegen eine verhaltensbedingte Kündigung vorzugehen.
7. FAQ
Was ist eine verhaltensbedingte Kündigung?
Verstößt ein Arbeitnehmer schuldhaft und rechtswidrig gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten und handelt es sich dabei um steuerbares Verhalten, kann dies eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen.
Welche Gründe können zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen?
Gründe können u.a. Straftaten gegenüber dem Arbeitgeber, Arbeitsverweigerung, Selbstbeurlaubung, Verstöße gegen die Betriebsordnung, Beleidigungen oder sexuelle Übergriffe sein.
Welche Voraussetzungen müssen für eine verhaltensbedingte Kündigung gegeben sein?
Neben dem Vorliegen eines pflichtwidrigen Verhaltens und der vorherigen Abmahnung bzw. der Tatsache, dass eine vorherige Abmahnung entbehrlich ist, muss der Pflichtverstoß des Arbeitnehmers schuldhaft und rechtswidrig sein, es muss eine Interessenabwägung des Arbeitgebers durchgeführt werden und es dürfen keine milderen Mittel zur Verfügung stehen, um das Problem zu lösen.
Ist eine Abmahnung vor einer verhaltensbedingten Kündigung notwendig?
In der Regel ja, da der Arbeitnehmer die Chance bekommen soll, sein Verhalten zu ändern.
Was kann ich tun, wenn ich eine verhaltensbedingte Kündigung erhalten habe?
Wenn Sie als Arbeitnehmer eine verhaltensbedingte Kündigung bekommen haben, egal ob eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung, haben Sie die Möglichkeit, innerhalb von 3 Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens im Rahmen einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vorzugehen.
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