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Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz - Ihre Rechte im Überblick

Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz belastet die Betroffenen und wirkt sich negativ auf die Arbeitsatmosphäre aus. Sie stehen jedoch nicht schutzlos da. Wie Ihnen der arbeitsrechtliche „allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz“ helfen kann und welche rechtlichen Schritte Ihnen zur Verfügung stehen, erläutert der folgende Beitrag.

Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz
Sind Sie von Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz betroffen? Kontaktieren Sie uns unter info@kern-peters.de oder +49 (0) 89 21 55 2286. Wir helfen Ihnen.

Inhalt

Was ist der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz?

Der Arbeitgeber muss alle Arbeitnehmer, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden, gleich behandeln. Er darf Mitarbeiter nicht von Begünstigungen ausschließen oder nur einzelnen Belastungen auferlegen, wenn er dies nicht mit einem sachlichen Grund rechtfertigen kann. 

Eine solche „Schlechterstellung“ ist dem Arbeitgeber in jedem Zusammenhang verboten. Beispiele, in deren Kontext es oft zu Ungleichbehandlungen kommt:

  • Sonderzahlungen wie Gratifikationen, Ruhegelder oder Zulagen 
  • Anordnung von Überstunden 
  • Zuweisung von Mehrarbeit (vergütet oder unvergütet)
  • Ungleichbehandlung bei Maßregelungen durch den Arbeitgeber (z.B. Rauchverbot nur für Einzelne)
  • Gewährung eines Telefons zur Privatnutzung
  • Ermöglichung von Home-Office in der Corona-Zeit
  • Gewährung eines Dienstwagens

Löhne und Gehälter darf der Arbeitgeber hingegen ungleich bemessen – selbst für gleiche Arbeit. Etwas anderes ergibt sich aber bei „Lohnwellen“. Hiervon spricht man, wenn z.B. alle Arbeitnehmer gleichermaßen eine Lohnerhöhung erhalten. Ein einzelner Arbeitnehmer kann in diesem Fall nicht ausgeschlossen werden. Auch bei Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld etc.) muss der Arbeitgeber den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten. 

Welche Voraussetzungen müssen für einen Anspruch aus allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegen?

Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz ist gewohnheitsrechtlich anerkannt, d.h. er ist nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt. Damit Sie einen Anspruch aus ihm ableiten könne, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen: 

Beschäftigungsverhältnis 

Zunächst muss ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Parteien bestehen. Die Stellung als Bewerber ist noch nicht ausreichend, um sich auf den Grundsatz berufen zu können, wenn Sie sich gegenüber Ihren Mitbewerbern ungleich behandelt fühlen. 

In diesem Stadium können Sie jedoch auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zurückgreifen. Nach § 6 Abs. 1 S. 2 AGG sind Bewerber einem Beschäftigten und damit einem Arbeitnehmer gleichgestellt. 

Ist Ihr Arbeitsverhältnis aufgelöst worden, können Sie ebenfalls nicht nachträglich auf den Grundsatz zurückgreifen. Etwas anderes gilt nur für Ruhestandsverhältnisse (insbes. bei betrieblicher Altersvorsorge). 

Begünstigung betrifft mehrere Arbeitnehmer

Der Arbeitgeber muss eine Regel geschaffen haben, die abstrakt an allgemeine Merkmale anknüpft und generell für eine Vielzahl von Fällen gilt. 

Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet deshalb keine Anwendung bei individuellen vertraglichen Vereinbarungen, d.h. wenn die Begünstigung nur einen einzelnen Arbeitnehmer betrifft. Hierbei handelt es sich um eine „erlaubte Besserstellung“. Der Gleichbehandlungsgrundsatz kommt erst zum Tragen, wenn ein sog. kollektiver Bezug vorliegt, die Entscheidung also eine erhebliche Zahl von Mitarbeitern begünstigt. 

Beispiele: 

  • Das Unternehmen gewährt einem von 20 vergleichbaren Führungskräften einen Dienst-PKW. Die übrigen 19 Mitarbeiter können sich nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz stützen, um ebenfalls einen PKW zu beanspruchen.
  • Gewährt das Unternehmen neun der vergleichbaren Führungskräfte einen Dienstwagen aufgrund abstrakter Voraussetzungen, die auch die übrigen elf erfüllen, ist der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Die Übrigen haben gute Chancen, einen Anspruch auf den Dienstwagen durchzusetzen.

Arbeitnehmer sind vergleichbar 

Ein oder mehrere Arbeitnehmer, die unter die aufgestellte Regel fallen würden, müssen ungleich behandelt worden sein. Diese Mitarbeiter müssen miteinander vergleichbar sein. Auf diesem Kriterium liegt vor den Gerichten oft der Fokus. Ausschlaggebend ist die Tätigkeit. Eine genaue Übereinstimmung der Tätigkeitsfelder wird aber nicht verlangt. Als weiterer Ausgangspunkt für die Ungleichbehandlung können z.B. Qualifikation, erworbene Fertigkeiten und der Verantwortungsgrad der Arbeitnehmer herangezogen werden. 

Beispiele: Abteilungsleiter sind untereinander in vielen Fragen miteinander vergleichbar;  Abteilungsleiter und einfache Mitarbeiter hingegen nicht. 

Keine Rechtfertigung

Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz ist trauriger Alltag vieler Menschen. Entscheidend ist daher immer, ob der Arbeitgeber einen sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern hat. Man spricht hier von einem Willkürverbot. 

Alle Gründe, die auf vernünftigen und einleuchtenden Erwägungen basieren, dürfen herangezogen werden. Ausgeschlossen sind hingegen die in § 1 AGG aufgezählten Differenzierungskriterien:

  • „Rasse“ oder ethnische Herkunft 
  • Geschlecht (auch Transsexualität)
  • Religion oder Weltanschauung (ggf. auch politische  Überzeugung)
  • Behinderung
  • Alter
  • Sexuelle Orientierung 

Beispiele: 

  • Der Arbeitgeber kann nach einem Betriebsübergang die ursprüngliche und die neue Belegschaft wegen der jeweils unterschiedlichen Vertragssituation auch anders behandeln.
  • Arbeitgeber X hat in den letzten Jahren hohe Umsatzzahlen erzielt. Daher zahlt er als Belohnung für die Treue in der Vergangenheit und als Motivation für die Zukunft Prämien an seine Mitarbeiter aus. Diese freiwillige Zahlung erhält allerdings nur die Belegschaft am Hauptstandort. Die Außenbetriebe, die gleichermaßen am Erfolg mitgewirkt haben, gehen leer aus. Hier liegt eine Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund vor. 

Ob Ihnen ein Anspruch aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes zusteht, lässt sich immer nur im Einzelfall sagen. Wir beraten Sie gerne zu den Voraussetzungen. Sie erreichen uns unter +49 (0) 89 21 55 2286 oder info@kern-peters.de.

Welche Rechte ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz?

Wurde gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, hat der benachteiligte Arbeitnehmer einen Anspruch auf die gleiche Leistung. Ihm steht das zu, was ihm an Begünstigung vorenthalten wurde. 

Der Arbeitgeber hat anschließend die Wahl, wie er in Zukunft mit der Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz umgeht. Er kann die Begünstigung entweder für alle streichen oder die bisher Benachteiligten mit einbeziehen.

Beispiel: Der Firmenparkplatz darf bisher nur von Mitarbeitern der Abteilung A genutzt werden, obwohl Abteilung B darauf gleichermaßen angewiesen ist. Die Arbeitgeberin kann nun entweder den Parkplatz für alle sperren oder eine Nutzungsregel aufstellen, von der beide Abteilungen gleich profitieren.

Wie kann ein Arbeitnehmer an Informationen zu Begünstigungen anderer Arbeitnehmer gelangen?

Häufig weiß ein Arbeitnehmer nicht, ob und in welcher Höhe andere Kollegen Begünstigungen erhalten haben bzw. welche Kriterien einer Sonderzahlung zugrunde lagen. Es genügt hier für die Beweislast, dass der Arbeitnehmer auf eine bestehende Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz hinweist. Der Arbeitgeber ist dann dazu verpflichtet, die Entscheidungskriterien und Gründe für eine Differenzierung zu erläutern. Er muss aus objektiver Sicht darlegen, warum der benachteiligte Arbeitnehmer gerade nicht diese „Leistungskriterien“ erfüllt und schlechter dastehen sollte.

Zusätzlich erkennt die Rechtsprechung einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber an, wenn der Arbeitnehmer weiß, dass seine Kollegen Begünstigungen erhalten haben, über weitere Umstände aber Ungewissheit herrscht. Der Arbeitgeber hat in diesem Moment eine „überlegene Position“, aus der er ohne Weiteres Angaben zu den fehlenden Informationen machen kann. 

Erfahrungsgemäß kommt der Streit häufig schon bei diesen wichtigen Vorfragen auf. Wir unterstützen Sie mit langjähriger Erfahrung und Expertise auf diesem Gebiet. Sie erreichen uns unter +49 (0) 89 21 55 2286 oder info@kern-peters.de. 

Urteile zur Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz

BAG, Urteil vom 30.9.2014 – 1 AZR 1083/12

„Die Ausgestaltung einer Dienstbekleidung für verschiedene Personengruppen unterliegt dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Unterschiedliche Tragepflichten sind nur gerechtfertigt, wenn ein sachlicher Grund besteht. Ausschlaggebend ist dabei der Zweck, der mit der Regel verfolgt wird.“ 

Im konkreten Fall hatte der Kläger sich gegen eine Regel gewehrt, die männliches, nicht aber weibliches Flugzeugpersonal dazu verpflichtete, während eines Flugeinsatzes im öffentlich zugänglichen Flughafenbereich eine Cockpit-Mütze zu tragen.

BAG, Urteil vom 06.10.1993 - 10 AZR 450/92 -

„Es verstößt gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz an den Hochschulen, wenn beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeitern mit abgeschlossener Hochschulbildung eine jährliche Sonderzuwendung gewährt wird, den wissenschaftlichen Mitarbeitern ohne abgeschlossene Hochschulbildung (studentischen Hilfskräften) - jedoch nicht. Wird eine Sondervergütung unabhängig von der Qualität der Tätigkeit gezahlt, ist eine Differenzierung nach Ausbildungsabschlüssen unzulässig.“

BAG, Urteil vom 20.07.1993 - 3 AZR 52/93

„Der Ausschluss einer Gruppe von Arbeitnehmern von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (Mitarbeiter im Außendienst) ist nur dann mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar, wenn er nach dem Zweck der Leistung gerechtfertigt ist. Der Zweck einer betrieblichen Altersversorgung besteht darin, zur Versorgung der Arbeitnehmer im Alter beizutragen sowie in der Regel Betriebstreue zu fördern und zu belohnen. Der Arbeitgeber darf Außendienstmitarbeiter von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nicht deshalb ausschließen, weil diese ein höheres Entgelt (Fixum und Provision) als Mitarbeiter im Innendienst erhalten.“

Fazit

  • Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz verpflichtet den Arbeitgeber, alle Arbeitnehmer, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden, gleich zu behandeln. Kein Arbeitnehmer darf willkürlich ohne sachlichen Grund schlechter gestellt werden als vergleichbare Arbeitnehmer. 
  • Voraussetzung für einen Anspruch ist ein Arbeitsverhältnis, eine durch den Arbeitgeber geschaffene abstrakt und generell geltende Regel und eine Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz, für die kein sachlicher Grund besteht. 
  • Der Anspruch richtet sich auf die begünstigende (verwehrte) Leistung (z.B. Sonderzahlungen).
  • Es genügt, dass Sie auf die Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz hinweisen. Ihnen steht ein Auskunftsanspruch gegen Ihren Arbeitgeber hinsichtlich der Begünstigung anderer zu.

Bilderquellennachweis:

© Kanghyejin| PantherMedia

Alexander Kern
Rechtsanwalt Alexander Kern verfügt über eine mehr als fünfzehnjährige Erfahrung bei der Beratung von Beschäftigten, Führungskräften und Unternehmen zu allen Themen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Er berät zu allen Fragestellungen vom Abschluss bis zur Beendigung eines Anstellungsverhältnisses und zur Gestaltung von Arbeitsverträgen und Dienstverhältnissen.
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