Streitfall Überstunden nach Kündigung: Wenn der Arbeitgeber die Auszahlung verweigert
Überstunden sind in vielen Berufen keine Seltenheit. Oftmals leisten Arbeitnehmer zusätzliche Arbeitsstunden, um Projekte abzuschließen oder Arbeitsanforderungen zu erfüllen.
Doch was passiert mit diesen Überstunden, wenn eine Kündigung ausgesprochen wird? Überstunden werden dann häufig nicht ohne Weiteres abgegolten oder ausbezahlt.
Im folgenden Artikel erläutern wir, was nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Überstunden passiert. Wir informieren über Ihre Arbeitnehmer-Ansprüche auf Auszahlung und darüber, welche rechtlichen Schritte Sie unternehmen können, wenn der Arbeitgeber sich weigert, Überstunden zu vergüten.
Übersicht:
- Ist ein Ausgleich von Überstunden überhaupt möglich?
- Der Umgang mit Überstunden nach der Kündigung – Auszahlung oder Freizeitausgleich
- Kann der Anspruch auf Auszahlung von Überstunden nach Kündigung verfallen?
- Aufhebungsvertrag - Der besondere Fall
- Ihr Arbeitgeber weigert sich Überstunden nach Kündigung auszuzahlen
- Wie ein Anwalt für Arbeitsrecht unterstützen kann
- Gerichtliche Schritte und Schadensersatzforderungen
- Das Wichtigste in Kürze
- FAQ: Häufig gestellte Fragen
1. Ist ein Ausgleich von Überstunden überhaupt möglich?
Immer dann, wenn ein Arbeitnehmer über seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus tätig wird, entstehen Überstunden. Diese zusätzliche Arbeitszeit kann durch den Arbeitgeber entweder angeordnet oder gebilligt werden.
Welche und ob Überstunden abgegolten werden, bestimmt der Arbeitsvertrag bzw., können in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen entsprechende Regelungen enthalten sein.
Immer dann, wenn eine Regelung zum Ausgleich von Überstunden nicht vorhanden ist und der Arbeitnehmer den Umständen nach eine Vergütung dafür erwarten kann, ist von einer stillschweigenden Vergütung auszugehen.
Achtung, es gibt besondere Regelungen. In diesen Fällen ist NICHT von einer Überstundenvergütung auszugehen:
- Ausschluss der Überstundenvergütung durch Vereinbarungen
- Überstunden leitender Angestellter
- Mehrarbeit von Führungskräften
- Freiwillige Überstunden des Arbeitnehmers, die durch den Arbeitgeber nicht angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden
Generell sollten Sie als Arbeitnehmer belegen können, dass Überstunden tatsächlich notwendig waren und geleistet wurden.
Durch den Beschluss des BAG vom September 2022 und § 3 Arbeitsschutzgesetz sind Arbeitgeber zur Einführung eines Systems zur Arbeitszeiterfassung verpflichtet. Deshalb sollte der Nachweis von Überstunden eigentlich keine Herausforderung mehr darstellen.
Unser Ratschlag:
Kontrollieren Sie regelmäßig die Erfassung der geleisteten Arbeitszeit und lassen Sie sich diese gegenzeichnen. Bewahren Sie die Aufzeichnungen auf. Warum? Sollte sich Ihr Arbeigeber nach einer Kündigung weigern, Ihre Überstunden zu vergüten, tragen Sie die Beweislast. Das bedeutet, Sie müssen nachweisen können, wann, wie lange und aus welchem Grund Sie Mehrarbeit geleistet haben.
2. Der Umgang mit Überstunden nach der Kündigung – Auszahlung oder Freizeitausgleich
Sie haben Ihren Arbeitsvertrag gekündigt und möchten nun einen finanziellen Ausgleich für Ihre Überstunden erhalten?
Trifft für Ihr Arbeitsverhältnis eine Regelung zu, nach der Überstunden in Freizeit ausgeglichen werden, können Sie keine Auszahlung verlangen. Im Regelfall wird es in diesen Fällen immer machbar sein, die über das vereinbarte Maß geleistete Arbeitszeit in Freizeit auszugleichen. Ist das nicht vollumfänglich möglich, werden die verbleibenden Überstunden in Geld ausgeglichen.
Ein genereller Anspruch auf Auszahlung der Überstunden nach Kündigung besteht dann, wenn entweder
- keine ausdrückliche Regelung zwischen Freizeitausgleich oder Auszahlung festgelegt wurde
- wenn der Ausgleich der Überstunden in Geld festgelegt wurde
- eine fristlose Kündigung erfolgt ist und die Stunden nicht in Zeitausgleich abgegolten werden können
Haben Sie eine fristlose Kündigung erhalten? Mehr zum Thema erfahren Sie in diesem Beitrag.
3. Kann der Anspruch auf Auszahlung von Überstunden nach Kündigung verfallen?
Ja, Ihr Anspruch kann verfallen!
Bitte prüfen Sie Ihren Arbeitsvertrag oder lassen Sie sich von uns beraten. In den meisten Verträgen ist eine sogenannte Ausschlussfrist für Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis vereinbart. Die Ausschlussfrist legt fest, in welchem Zeitraum Sie nach erfolgter Kündigung Ansprüche geltend machen müssen.
Gemäß Bundesarbeitsgericht muss die Ausschlussfrist mindestens 3 Monate betragen. Um Ihre Ansprüche aufrechtzuerhalten, müssen Sie diese also rechtzeitig anzeigen. Es ist auch ausreichend, eine Kündigungsschutzklage zu erheben.
In Ihrem Vertrag wurde keine Ausschlussfrist vereinbart? Oder ist die vereinbarte Ausschlussfrist unwirksam? In diesem Fall gelten Ihre Ansprüche nach 3 Jahren als verjährt.
4. Aufhebungsvertrag - Der besondere Fall
Bevor Sie einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen, empfehlen wir Ihnen dringend, sich von einem Anwalt für Arbeitsrecht beraten zu lassen.
Oftmals schließen Aufhebungsverträge die Abgeltung von Überstunden aus. Mit einer sogenannten Ausgleichsquittung gelten alle Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag, also auch Überstunden, als abgegolten.
Wenn Sie auf die Abgeltung von Überstunden verzichten, sollten Sie eine höhere Abfindung verlangen. Wie hoch diese in Ihrem individuellen Fall sein sollte, besprechen wir gern mit Ihnen.
Mehr zum Thema Abfindung bei einem Aufhebungsvertrag lesen Sie in diesem Artikel.
5. Ihr Arbeitgeber weigert sich Überstunden nach Kündigung auszuzahlen
Der erste Schritt zur Durchsetzung von Überstundenansprüchen ist die schriftliche Aufforderung an den ehemaligen Arbeitgeber. In einem förmlichen Schreiben sollten Sie die geleisteten Überstunden detailliert aufführen und die Auszahlung fordern.
Wir empfehlen, die Unterstützung eines Anwalts für Arbeitsrecht in Anspruch zu nehmen, um die Schriftstücke rechtssicher zu verfassen und kein Risiko einzugehen. Der finanzielle Wert geleisteter Überstunden ist oftmals nicht zu unterschätzen.
Generell sollten Arbeitnehmer nicht zögern, ihre Ansprüche geltend zu machen. Wenn der Arbeitgeber die Überstunden nach der Kündigung nicht vergütet, kann dies als Verstoß gegen arbeitsvertragliche Vereinbarungen und das Arbeitszeitgesetz betrachtet werden.
Haben Sie eine Kündigung erhalten?
Lassen Sie diese von einem Anwalt für Arbeitsrecht auf Rechtmäßigkeit prüfen und besprechen Sie Ihre Handlungsoptionen.
6. Wie ein Anwalt für Arbeitsrecht unterstützen kann
Wenn der Arbeitgeber sich weigert, die Überstunden nach der Kündigung auszuzahlen, ist es sinnvoll, juristischen Beistand in Anspruch zu nehmen. Ein spezialisierter Anwalt für Arbeitsrecht ist der richtige Ansprechpartner. Wir beraten Sie und helfen Ihnen bei:
- der Bewertung der rechtlichen Lage
- der Berechnung Ihrer Ansprüche
- der Kontaktaufnahme zum Arbeitgeber und bei der Erstellung des Schriftverkehrs
- der gerichtlichen Vertretung Ihrer Interessen vor Gericht
7. Gerichtliche Schritte und Schadensersatzforderungen
Wenn der Arbeitgeber auch nach der schriftlichen Aufforderung zur Auszahlung der Überstunden nicht reagiert, bleibt oft nur der Weg vor Gericht. Ein erfahrener Anwalt für Arbeitsrecht kann die Interessen seines Mandanten vor Gericht vertreten und die Forderungen auf Überstundenvergütung einklagen.
Zudem können Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden, wenn dem Arbeitnehmer aufgrund der nicht ausbezahlten Überstunden finanzielle Einbußen entstanden sind.
Wenden Sie sich gerne an uns! Sie erreichen uns unter info@kern-peters.de oder 089 21 55 2286
8. Das Wichtigste in Kürze
- Der Ausgleich von Überstunden ist, abhängig von vertraglichen Vereinbarungen im Arbeitsvertrag, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen, möglich
- Für bestimmte Personengruppen, z.B. Führungskräfte, gelten Sonderregelungen
- Ausschlussfristen regeln, wann der Überstundenanspruchs verfällt
- Achtung bei Aufhebungsverträgen: Sie können die Abgeltung von Überstunden ausschließen
- Der erste Schritt zur Durchsetzung von Überstundenansprüchen ist eine schriftliche Aufforderung an den Arbeitgeber
- Ein Anwalt für Arbeitsrecht unterstützt bei rechtssicherer Kommunikation und begleitet bei der gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche
9. FAQ: Häufig gestellte Fragen
Ist ein Ausgleich von Überstunden überhaupt möglich?
Ja, Überstunden können durch vertragliche Vereinbarungen, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen ausgeglichen werden.
Besondere Regelungen gelten für bestimmte Personengruppen, wie leitende Angestellte und Führungskräfte.
Welche Regelungen gelten nach der Kündigung – Auszahlung oder Freizeitausgleich?
Die Regelungen variieren je nach Arbeitsvertrag.
Bei Kündigung besteht ein Anspruch auf Auszahlung, es sei denn, eine klare Vereinbarung zum Freizeitausgleich besteht.
Kann der Anspruch auf Auszahlung von Überstunden nach Kündigung verfallen?
Ja, der Anspruch kann verfallen, abhängig von Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag.
Die Ausschlussfrist beträgt laut Bundesarbeitsgericht mindestens 3 Monate.
Was ist beim Aufhebungsvertrag zu beachten?
Aufhebungsverträge können die Abgeltung von Überstunden ausschließen.
Bei Verzicht auf Abgeltung sollte eine angemessene Abfindung verhandelt werden.
Was tun, wenn der Arbeitgeber sich weigert, Überstunden auszuzahlen?
Der erste Schritt ist eine schriftliche Aufforderung an den Arbeitgeber mit detaillierter Auflistung der Überstunden. Notfalls muss der Anspruch gerichtlich eingeklagt werden.
Wie kann ein Anwalt für Arbeitsrecht unterstützen?
Ein Anwalt hilft bei rechtlicher Bewertung, der Verfassung rechtssicherer Schriftstücke, der Berechnung der Ansprüche, bei der Kommunikation mit dem Arbeitgeber und der gerichtlichen Vertretung.
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