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Stellenabbau bei der Postbank - So können Sie sich gegen eine betriebsbedingte Kündigung wehren

„An Stellenstreichungen führt kein Weg vorbei“ so die Aussage von Claudio de Sanctis, Privatkunden Chef der Deutschen Bank. Konkret geht es um die Schließung von bis zu 250 der aktuell 550 Filialen der Postbank, Tochterunternehmen der Deutschen Bank. Die Schließungen sind bis Mitte 2026 geplant.

Postbank Probleme
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Man habe herausgefunden, dass drei Viertel der Postbank-Kunden ihre Bankgeschäfte online tätigen und selten bis gar nicht eine Filiale aufsuchen.

Nachdem Postbank-Kunden in den letzten Monaten mit den Folgen schwerwiegender IT-Probleme zu kämpfen hatten, trifft es nun die Mitarbeiter. Es ist davon auszugehen, dass Hunderte bis Tausende Mitarbeiter durch betriebsbedingte Kündigungen vom Wegfall ihres Arbeitsplatzes betroffen sind.

Sie sind bei der Postbank beschäftigt und fürchten um Ihren Arbeitsplatz? Oder sind Sie schon betroffen?

Wir informieren Sie, wie Sie sich bei Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung verhalten sollten und wie Sie sich dagegen wehren können. 

Übersicht:

  1. Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?
  2. Die Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung
  3. Die Sozialauswahl und ihre Kriterien
  4. Änderungskündigung als Alternative
  5. Das Abfindungsangebot
  6. Betriebsbedingte Kündigung erhalten – Das ist zu tun
  7. Die Kündigungsschutzklage
  8. Fazit
  9. FAQ: Häufig gestellte Fragen

1. Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?

Gemäß § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) wird eine betriebsbedingte Kündigung immer dann ausgesprochen, wenn dringende inner- oder außerbetriebliche Gründe einen Stellenabbau erfordern und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich ist. Der Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegt in diesem Fall eine unternehmerische Entscheidung zugrunde.

Innerbetriebliche Gründe einer betriebsbedingten Kündigung können sein:

  • Umstrukturierungen und Rationalisierungsmaßnahmen
  • Betriebsschließungen oder Insolvenz

Zu den außerbetrieblichen Gründen zählen u.a.:

  • Umsatzrückgang und Auftragsmangel
  • Absatzschwierigkeiten

Stellenabbau Postbank

Die geplanten Rationalisierungsmaßnahmen

bei der Postbank könnten also Grundlage für eine betriebsbedingte Kündigung sein.

2. Die Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung

Selbst wenn ein inner- oder außerbetrieblicher Grund nachgewiesen werden kann, müssen weitere Voraussetzungen vorliegen, damit Ihr Arbeitsvertrag als Postbank Mitarbeiter betriebsbedingt gekündigt werden kann.

Das sind:

  • Es ist keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit vorhanden
  • Die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer wurden hinreichend abgewogen
  • Es wurde eine korrekte Sozialauswahl durchgeführt
  • Es ist eine Dringlichkeit gegeben
  • Die allgemeinen Kündigungsvoraussetzungen wurden eingehalten. (Schriftformerfordernis, Einhaltung der Kündigungsfrist, Anhörung des Betriebsrates)

3. Die Sozialauswahl und ihre Kriterien

Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur dann wirksam, wenn eine fehlerfreie Sozialauswahl durchgeführt wurde.

Das bedeutet, dass die Postbank als Arbeitgeber einen Vergleich zwischen allen Mitarbeitern mit vergleichbarer Tätigkeit hinsichtlich ihrer sozialen Schutzbedürftigkeit durchführen muss.

Die Sozialauswahl wird in drei Schritten durchgeführt:

Horizontaler Vergleich

Im ersten Schritt werden alle Arbeitnehmer, die gemäß Arbeitsvertrag oder Arbeitsbeschreibung ähnliche Aufgabenbereiche haben, festgelegt. Das betrifft alle Mitarbeiter, die auf derselben betrieblichen Ebene arbeiten und daher theoretisch untereinander „ersetzt werden“ könnten. Sind Sie also Kundenbetreuer bei der Postbank, werden die übrigen Kundenbetreuern in den Vergleich einbezogen, da diese der gleichen betrieblichen Ebene zuzuordnen sind. 

Rangfolge der Schutzbedürftigkeit

Sie und ihre Kollegen werden nun nach Kriterien hinsichtlich ihrer sozialen Schutzwürdigkeit bewertet. Die Kriterien sind Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten gegenüber Ehepartnern und Kindern sowie Schwerbehinderung.

Ausnahmen von der Sozialauswahl

Von der durchzuführenden Sozialauswahl darf die Postbank nur Mitarbeiter ausnehmen, die als Leistungsträger in Bezug auf ihre Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen und zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur einem – so sagt man – berechtigten betrieblichen Interesse unterliegen.

Grundsätzlich gilt, dass alle Kriterien der sozialen Schutzbedürftigkeit als gleichwertig anzunehmen sind.

Dem Arbeitgeber wird durch die Arbeitsgerichte jedoch ein gewisser Handlungsspielraum gewährt. In der Praxis wird daher auf ein Punktesystem zurückgegriffen, welches mit dem Betriebsrat erarbeitet wird. Alle Kriterien müssen hinlänglich beachtet werden, aber es könnte sein, dass dem Arbeitnehmer bspw. bei Unterhaltspflicht gegenüber Ehegatten ein höherer Punktwert zugeordnet wird, als bei Unterhaltspflicht gegenüber Kindern.

Mitarbeitern mit der geringsten Punktzahl wird die Kündigung ausgesprochen.

Das Verfahren der Sozialauswahl wird auch beim Stellenabbau der Postbank Anwendung finden. In vielen Fällen ist die Sozialauswahl allerdings fehlerhaft. Lassen Sie sich daher von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht zur Wirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung beraten.

Anwalt Arbeitsrecht München

Mehr zu unserer Expertise und Unterstützung bei arbeitsrechtlichen Fragen erfahren Sie in diesem Beitrag

4. Änderungskündigung als Alternative

Arbeitgeber sind verpflichtet, vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung, alternative Arbeitsplätze auf gleicher Hierarchieebene zu prüfen.

Sofern freie Arbeitsplätze vorhanden sind, muss Ihnen die Postbank also andere  Beschäftigungsmöglichkeiten vorgeschlagen werden. Diese können auch im Rahmen des Direktionsrechtes angewiesen oder durch Änderungskündigung angeboten werden.

Der Arbeitgeber kann auch Arbeitsplätze auf „höherer Hierarchieebene" anbieten. Er hat aber keine Verpflichtung, Arbeitsplätze auf gleicher Ebene frei zu kündigen.

Handelt es sich um Arbeitsplätze auf niedrigerer Hierarchieebene, müssen Sie als  Mitarbeiter entscheiden können, ob sie das Angebot der Postbank annehmen möchten.

Haben Sie eine Änderungskündigung von der Postbank erhalten?

Lassen Sie diese von einem Anwalt für Arbeitsrecht auf Rechtmäßigkeit prüfen und besprechen Sie Ihre Handlungsoptionen.

5. Das Abfindungsangebot

Zur Vermeidung von Kündigungsschutzklagen unterbreiten Arbeitgeber oftmals Abfindungsangebote. Das ist insbesondere bei weitreichenden Rationalisierungsmaßnahmen, wie den bei der Postbank stattfindenden, der Fall.

Gesetzliche Verpflichtungen zum Angebot einer Abfindungszahlung bei Arbeitsplatzverlust gibt es jedoch nicht. Die Höhe der Abfindung richtet sich dabei nicht nur nach den Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage, sondern natürlich auch nach der Zahlungsbereitschaft und den finanziellen Möglichkeiten des Arbeitgebers.

Sollte Ihnen die Postbank ein Abfindungsangebot unterbreiten, haben Sie als Mitarbeiter keine Veranlassung, sofort zu reagieren. Erbitten Sie sich eine Bedenkzeit und besprechen Sie Ihre Möglichkeiten mit einem Fachanwalt.

6. Betriebsbedingte Kündigung erhalten - Das ist zu tun

Zuallererst: Bewahren Sie Ruhe und lassen Sie sich beraten! Da Sie innerhalb der Klagefrist von 3 Wochen reagieren müssen, es sei denn, dass besondere Gründe vorliegen, melden Sie sich bitte umgehend.

Raten wir Ihnen zur Klage gegen die Postbank, muss diese innerhalb der 3-wöchigen Klagefrist eingereicht werden, andernfalls ist die betriebsbedingte Kündigung wirksam. Achtung! Das gilt selbst dann, wenn die Kündigung sich im Nachgang als haltlos herausstellt.

Bewahren Sie das Einschreiben mit der Kündigung als Datumsnachweis auf.

Auch wenn die Postbank versuchen sollte, die Probleme schnell zu lösen und Sie dazu unter Druck setzen sollte, unterzeichnen Sie nie sofort die Kündigung. Erbitten Sie Bedenkzeit. Natürlich können Sie sich nach alternativen betrieblichen Beschäftigungsmöglichkeiten erkundigen. Grundsätzlich muss die Postbank jedoch vorab geprüft haben, ob Beschäftigungsalternativen vorhanden sind und Ihnen diese entweder angeboten, im Rahmen des Direktionsrechtes zugewiesen oder durch Änderungskündigung vorgeschlagen haben.

Eine Empfehlung für eine eventuelle Kündigungsschutzklage:

Stärken Sie Ihre Verhandlungsposition und signalisieren Sie der Postbank, als Ihrem Noch-Arbeitgeber schriftlich, dass Sie zu Fortbildungen bereit sind.

7. Die Kündigungsschutzklage

Sofern Sie innerhalb der 3-wöchigen Klagefrist Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen, wird das Gericht die betriebsbedingte Kündigung auf die gesetzlichen Anforderungen prüfen.

Besteht kein dringendes betriebliches Erfordernis, hat die Postbank die Sozialauswahl fehlerhaft durchgeführt oder ist der Betriebsrat nicht ausreichend angehört worden, bestehen Chancen, dass das Arbeitsgericht die Kündigung als unwirksam erklärt. 

Es bleibt immer der Einzelfall zu prüfen. Stellen Sie sich darauf ein, dass die Postbank mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert ist und im Zweifelsfall eine Möglichkeit zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses angestrebt wird - wie Claudio de Sanctis zu den Problemen bei der Postbank sagte: “An Stellenstreichungen führt kein Weg vorbei.”

Die Risiken und Chancen einer Kündigungsschutzklage gegen die Postbank wird Ihr Anwalt für Arbeitsrecht detailliert mit Ihnen erörtern.

Sie suchen einen Anwalt für Arbeitsrecht in München?

Wenden Sie sich gerne an uns! Sie erreichen uns unter info@kern-peters.de oder 089 21 55 2286

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8. Fazit

Als Mitarbeiter der Postbank können Sie vom massiven Stellenabbau betroffen sein. Bitte beachten Sie:

  • Einer betriebsbedingten Kündigung liegt immer eine unternehmerische Entscheidung zugrunde.
  • Sie ist an gesetzliche Voraussetzungen gebunden.
  • Ein wichtiges Kriterium für eine gültige betriebsbedingte Kündigung ist die korrekt durchgeführte Sozialauswahl.
  • Horizontal vergleichbare Mitarbeiter werden anhand der Kriterien Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltsverpflichtungen und Schwerbehinderung hinsichtlich ihrer sozialen Schutzbedürftigkeit bewertet.
  • Eine Änderungskündigung könnte eine Alternative zum Stellenabbau darstellen.
  • Zur Vermeidung von Kündigungsschutzklagen besteht die Möglichkeit von Abfindungsangeboten durch die Postbank.
  • Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb der 3-wöchigen Klagefrist eingereicht werden.
  • Die Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht wird empfohlen. Kontaktieren Sie uns, damit wir Sie in dieser schwierigen Situation unterstützen können. 

9. FAQ: Häufig gestellte Fragen

Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?

Eine betriebsbedingte Kündigung erfolgt gemäß § 1 Kündigungsschutzgesetz, wenn dringende inner- oder außerbetriebliche Gründe einen Stellenabbau erforderlich machen und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich ist.

Was sind die Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung?

Die Voraussetzungen sind das Fehlen anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten, die Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, eine korrekte Sozialauswahl, Dringlichkeit und Einhaltung der allgemeinen Kündigungsbedingungen.

Was ist die Sozialauswahl und welche Kriterien gelten?

Die Sozialauswahl ist entscheidend für die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung. Es werden die Kriterien Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung berücksichtigt. Eine fehlerfreie Sozialauswahl ist Voraussetzung einer gültigen betriebsbedingten Kündigung.

Ist eine Änderungskündigung eine Alternative zum Stellenabbau?

Ja, bevor eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen wird, ist die Postbank als Arbeitgeber verpflichtet, alternative Arbeitsplätze auf gleicher Hierarchieebene zu prüfen. Eine Änderungskündigung kann eine Möglichkeit sein, Arbeitsplätze anzupassen.

Gibt es Abfindungsangebote bei betriebsbedingten Kündigungen?

Arbeitgeber bieten manchmal Abfindungen an, um Kündigungsschutzklagen zu vermeiden. Es gibt jedoch keine gesetzliche Verpflichtung zur Abfindungszahlung durch die Postbank.

Wie läuft eine Kündigungsschutzklage ab?

Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb der 3-wöchigen Frist eingereicht werden. Das Gericht prüft die betriebsbedingte Kündigung der Postbank auf gesetzliche Anforderungen. Ein Fachanwalt erläutert die Chancen und Risiken einer Klage.

Was sollte man tun, wenn man von den Problemen bei der Postbank betroffen ist und eine betriebsbedingte Kündigung erhalten hat?

Handeln Sie nicht überstürzt, sondern lassen Sie sich von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten. 

Bildquellennachweis: © MarsBars | Canva.com

Christian Peters
Rechtsanwalt Christian Peters verfügt über eine mehr als fünfzehnjährige Erfahrung bei der Beratung von Beschäftigten, Führungskräften und Unternehmen zu allen Themen des individuellen Arbeitsrechts. Der Schwerpunkt von Herrn Rechtsanwalt Peters liegt ferner in der Beratung mittelständischer Unternehmen. Im Zusammenhang mit der jahrelangen Erfahrung aus diesen Fällen ist er Spezialist für komplexe Verfahrenssituationen und schwierige Verhandlungen.
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