Geschäftsführerhaftung: Was Sie wissen müssen, um Risiken zu minimieren
Sie sind Geschäftsführer einer GmbH und möchten sich über mögliche Haftungsrisiken ihrer Position informieren? Hier sind Sie richtig!
Wir verzeichnen eine stetige Zunahme von Klagen und Schadensersatzansprüchen gegenüber Geschäftsführern einer GmbH. Erhebliche Haftungsrisiken gefährden oftmals sogar die finanzielle Existenz. Das muss nicht sein!
In diesem Artikel beleuchten wir die verschiedenen Aspekte der Geschäftsführerhaftung in einer GmbH und informieren Sie, worauf Sie unbedingt achten sollten.
Übersicht:
- Die Position des Geschäftsführers
- Kaufmannspflichten als Handlungsmaßstab
- Die Abgrenzung von Risiko und Pflichtverletzung
- Die Haftung als Geschäftsführer
- Haftung mit Privatvermögen
- Verjährung und Entlastung des Geschäftsführers
- Absicherung gegen Haftungsrisiken
- Fazit
- FAQ Geschäftsführerhaftung: alles Wissenswerte auf einen Blick
1. Die Position des Geschäftsführers
Eine GmbH muss mindestens eine Person als Geschäftsführer bestellen. Diese Funktion können gem. § 6 GmbH-Gesetz nur natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Personen bekleiden.
Als Geschäftsführer einer GmbH können die Gesellschafter selbst oder auch externe Personen, sogenannte geschäftsführende Gesellschafter, bestellt werden.
In größeren GmbH´s teilen sich oftmals mehrere Geschäftsführer die Verantwortung und übernehmen unterschiedliche Ressorts bzw. Aufgabenbereiche. Die Haftung der einzelnen Personen unterliegt jedoch dem Grundsatz der Gesamtverantwortlichkeit. Das bedeutet, der Geschäftsführer eines Ressorts haftet trotzdem für die anderen Bereiche.
Aber Achtung:
Bereits in der Gründungsphase einer Gesellschaft trägt der Geschäftsführer ein Haftungsrisiko, sobald er im Namen der Gesellschaft agiert. Mit der Übernahme der Geschäftsführer-Position beginnt also das Haftungsrisiko.
2. Kaufmannspflichten als Handlungsmaßstab
Als Geschäftsführer einer GmbH haben Sie gem. § 43 GmbH-Gesetz die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anzuwenden. Das heißt, sie müssen sich an den Handlungen eines Geschäftsmannes in verantwortlich leitender Position, bei selbständiger Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen orientieren.
Zu diesen Sorgfaltspflichten gehören u. a. konkret:
- Einhalten gesetzlich vorgeschriebener Verhaltensvorschriften
- Befolgen von Weisungen der Gesellschafterversammlung unter Berücksichtigung übriger Sorgfaltspflichten
- Einhalten der Treuepflicht gegenüber dem Unternehmen
- Einhalten von Organisationspflichten, wie die Einführung ausreichender Aufsichts- und Kontrollmechanismen gegenüber Personen, an welche Aufgaben delegiert wurden, die originär durch den Geschäftsführer ausgeführt werden müssten
Ergänzend tragen Geschäftsführer auch eine Vielzahl von Pflichten, die immer zu beachten sind. Dazu gehören insbesondere:
- Geschäftsführer müssen ihre Aufgaben mit der gebotenen Sorgfalt und Loyalität ausführen und im besten Interesse der GmbH handeln
- Bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der GmbH ist die rechtzeitige Insolvenzanmeldung gesetzlich vorgeschrieben
- Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften, insbesondere in den Bereichen Steuern, Arbeitsschutz und Umweltschutz
- ordnungsgemäße Buchführung und Rechnungslegung zur Sicherstellung von Transparenz und Compliance
Verletzen Sie Ihre Pflichten als Geschäftsführer, werden dadurch Schadensersatzansprüche gegenüber Ihrer Person begründet!
Je nachdem, welche rechtlichen Pflichten verletzt worden sind, haften Sie als Geschäftsführer gegenüber der GmbH oder dritten Personen. Die Haftung gegenüber der GmbH wird als Innenhaftung bezeichnet, gegenüber Dritten als Außenhaftung.
3. Die Abgrenzung von Risiko und Pflichtverletzung
Als Geschäftsführer obliegt Ihnen die zentrale Aufgabe, alle notwendigen organisatorischen, kaufmännischen und personellen Maßnahmen zur Erfüllung des Gesellschaftszweckes zu ergreifen.
Die Bandbreite der Aufgaben ist umfangreich und schließt entsprechend viele Situationen mit ein, in denen es zu Fehlern oder auch Pflichtverstößen kommen kann. Gerichte wissen diese verantwortungsvolle Aufgabe zu würdigen und berücksichtigen in angemessenem Maß unternehmerische Risiken in Haftungsprozessen. Der Hauptzweck der Aufgabe – unternehmerische Erfolge zu erzielen - soll nicht durch übertriebene Haftungsrisiken unterbunden werden.
Sind Sie unsicher, wo dieses Zugeständnis seine Grenzen hat und was eventuelle Folgen einer angedachten Handlung sind - sprechen Sie uns an!
4. Die Haftung als Geschäftsführer
Handelt ein Geschäftsführer entgegen der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes, haftet er.
Man legt hierbei zu Grunde, dass der Geschäftsführer Verwalter fremden Vermögens ist und nicht selbst Unternehmer. Er haftet gegenüber Dritten weder für Verbindlichkeiten der Gesellschaft noch muss er der Gesellschaft erlittene Verluste ersetzen, die während seiner Tätigkeit entstanden sind. Das bedeutet, die GmbH trägt das unternehmerische Risiko allein.
Aber: Eben diese Haftung ist nur dann ausgeschlossen, wenn er sich bei der Erledigung seiner Aufgaben pflichtgemäß, ordentlich und gewissenhaft verhält. Es obliegt ihm, das Unternehmen unter Hinzuziehung bewährter betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse und unter vorausschauender Beachtung der maßgeblichen Rechtsvorschriften zu leiten. Fehlende Kenntnisse oder Erfahrungen gelten nicht als Befreiungsgrund von diesen Verpflichtungen!
Geschäftsführer haften in der Folge für Pflichtverletzungen, die Schäden an der GmbH, den Gesellschaftern, Gläubigern oder Dritten verursachen.
Abhängig davon, gegen welchen rechtlichen Aspekt verstoßen wird, haften Geschäftsführer im Innenverhältnis gegenüber der GmbH, die sogenannte Innenhaftung. Bei Verstößen gegenüber Dritten, wie bspw. Krankenkassen, Finanzamt oder Gläubigern greift die Außenhaftung.
Grundsätzlich kann sich die Haftung eines Geschäftsführers dabei auf folgende Bereiche erstrecken:
- Zivilrechtliche Haftung für Schäden, die der GmbH oder Dritten durch Fahrlässigkeit, Vertragsverletzungen oder andere Pflichtverletzungen zugefügt wurden.
- Steuerrechtliche Haftung, bspw. bei fehlenden oder unzureichenden Steuerzahlungen.
- Strafrechtliche Haftung, bei der Verletzung von Gesetzen oder Vorschriften. (z.B. Betrug, Steuerhinterziehung)
Bitte beachten Sie:
Haftung ist nicht teilbar! Sofern eine Gesellschaft mehrere Gesellschafter hat, haften diese gesamtschuldnerisch - auf für die Verantwortlichkeit des jeweils anderen.
5. Haftung mit Privatvermögen
Missachten Sie als Geschäftsführer einer GmbH die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes, trifft Sie eine persönliche, gesetzliche Schadensersatzpflicht gegenüber der GmbH – die sogenannte Haftung im Innenverhältnis.
Praktische Beispiele für die Haftung im Innenverhältnis sind u.a. Fehler im Vertragsmanagement, Überschreiten der Grenzen von Vertretungsbefugnissen, Anschaffung privat genutzter Dinge auf Kosten der Gesellschaft, Zahlungen nach Eintritt einer Insolvenz.
Bei angestellten Geschäftsführern wird der entsprechende Haftungsumfang üblicherweise im Geschäftsführer Anstellungsvertrag vereinbart.
Achtung, unter folgenden Voraussetzungen erstreckt sich die Haftung auch auf Ihr gesamtes Privatvermögen:
- Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft
- Nachweis von Fahrlässigkeit oder Vorsatz
- Finanzieller Schaden oder Nachteile für die GmbH
- Kausaler Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden
- Interessenkonflikte mit der GmbH
- Straftaten wie Betrug, Bestechung, Veruntreuung, Duldung oder Beihilfe zu Straftaten
6. Verjährung und Entlastung des Geschäftsführers
Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegenüber dem Geschäftsführer verjähren gemäß § 43 GmbH-Gesetz nach 5 Jahren. Gleiches gilt für Ansprüche wegen Pflichtverletzungen aus dem Anstellungsvertrag eines Geschäftsführers. (BGH, Urteil vom 12.06.1989, Az. II ZR 334/87).
Beginn der Verjährungsfrist ist nicht der Zeitpunkt der Kenntnis des Schadens, sondern der Entstehung bzw. Verursachung.
Wird ein Geschäftsführer gem. § 46 GmbH-Gesetz entlastet, ist die nachträgliche Geltendmachung sämtlicher Ansprüche ausgeschlossen, die aufgrund der Rechenschaftslegung einschließlich aller zugänglich gemachten Unterlagen unter Berücksichtigung der im Verkehr notwendigen Sorgfalt erkennbar waren. Wurde die Erkennbarkeit jedoch erschwert oder verschleiert, greift die Entlastungswirkung nicht.
Übrigens besteht kein Rechtsanspruch auf Entlastung im Rahmen der Gesellschafterversammlung! Es liegt in deren Ermessen, diese zu erteilen oder zu verweigern. (BGH, Urteil vom 20.05.1985, Az. II ZR 165/84).
7. Absicherung gegen Haftungsrisiken
Um Haftungsrisiken zu minimieren, können Sie verschiedene Maßnahmen ergreifen und folgende Möglichkeiten nutzen:
- Lassen Sie sich vor Übernahme der Position oder spätestens bei auftretenden Problemstellungen rechtlich beraten.
- Da mehrere Geschäftsführer gesamtschuldnerisch haften, stellen Sie sicher, dass Ihre Informationsrechte zu Angelegenheiten anderer Ressorts nicht eingeschränkt werden.
- Im Geschäftsführervertrag kann die Haftung beschränkt werden. Diese Möglichkeit sollten Sie nutzen. Grob fahrlässiges und vorsätzliches Verhalten kann allerdings nicht ausgeschlossen werden.
- Vereinbaren Sie eine frühzeitigere Verjährung der Ansprüche.
- Lassen Sie die Beweislastumkehr im Anstellungsvertrag festschreiben. Dadurch entlasten Sie sich als Geschäftsführer.
- Es besteht die Möglichkeit einer Geschäftsführer-Haftpflichtversicherung, welche Sie vor persönlicher Haftung schützen kann.
- Die Rechtsgrundlagen sind veränderlich, deshalb empfehlen wir Ihnen, sich kontinuierlich über Gesetzesänderungen oder Compliance-Anforderungen zu informieren.
- Dokumentieren Sie weitreichende Entscheidungen und Handlungen, um im Streitfall Beweise vorlegen zu können.
Wir empfehlen Ihnen, gerade in diesen wichtigen und unter Umständen sehr weitreichenden Punkten, eine juristische Beratung in Anspruch zu nehmen und die Möglichkeiten sowie deren Umsetzung zu diskutieren. Sie erreichen uns unter info@kern-peters.de oder 089 21 55 2286
8. Fazit
- Haftungsrisiken sind real: Die steigende Anzahl von Klagen und Schadensersatzansprüchen gegenüber Geschäftsführern einer GmbH verdeutlicht, dass Haftungsrisiken eine ernstzunehmende Angelegenheit sind, die die finanzielle Existenz gefährden können.
- Geschäftsführerposition und Verantwortung: Als Geschäftsführer tragen Sie eine erhebliche Verantwortung und haften für Ihr Handeln und Ihre Entscheidungen.
- Kaufmannspflichten und Sorgfalt: Geschäftsführer müssen die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anwenden, was bedeutet, dass sie sich an gesetzliche Vorschriften halten und im besten Interesse der GmbH handeln müssen.
- Geschäftsführer haften nicht nur gegenüber der GmbH selbst, sondern auch gegenüber Dritten wie Gläubigern, Krankenkassen und dem Finanzamt, je nach Art der Pflichtverletzung.
- Haftung mit Privatvermögen: Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz können Geschäftsführer mit ihrem Privatvermögen haftbar gemacht werden.
- Verjährung und Entlastung: Schadensersatzansprüche verjähren nach 5 Jahren.
- Absicherung gegen Haftungsrisiken: Es gibt verschiedene Maßnahmen, um Haftungsrisiken zu minimieren.
- Aufgrund möglicher weitreichender Folgen empfehlen wir Ihnen eine rechtliche Beratung.
9. FAQ Geschäftsführerhaftung: alles Wissenswerte auf einen Blick
Welche Pflichten haben Geschäftsführer einer GmbH?
GmbH-Geschäftsführer haben zahlreiche Pflichten, darunter die Einhaltung von Gesetzen, die Beachtung von Kaufmannspflichten, das Einhalten von Organisationspflichten und die Sicherstellung der Treuepflicht gegenüber dem Unternehmen.
In welchen Fällen haftet der Geschäftsführer einer GmbH?
Handelt ein Geschäftsführer entgegen der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes, haftet er. Geschäftsführer haften in der Folge für Pflichtverletzungen, die Schäden an der GmbH, den Gesellschaftern, Gläubigern oder Dritten verursachen. Die Haftung eines Geschäftsführers einer GmbH kann sich dabei auf zivilrechtliche, strafrechtliche oder steuerrechtliche Bereiche erstrecken.
Wann haften GmbH-Geschäftsführer mit Ihrem Privatvermögen?
Die Haftung auf das Privatvermögen eines GmbH-Geschäftsführers tritt auf, wenn Pflichtverletzungen gegenüber der Gesellschaft nachgewiesen werden, es einen finanziellen Schaden gibt und ein kausaler Zusammenhang besteht. Auch Straftaten oder Interessenkonflikte können zur Haftung führen.
Wie können sich GmbH-Geschäftsführer gegen Haftungsrisiken absichern?
GmbH-Geschäftsführer können sich durch juristische Beratung, den Geschäftsführervertrag, eine Geschäftsführer-Haftpflichtversicherung und die Beweislastumkehr absichern. Zudem sollten sie Gesetzesänderungen und Compliance-Anforderungen im Auge behalten und ihre Entscheidungen und Handlungen als Beweise im Streitfall dokumentieren.
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