Chef zahlt Lohn nicht - was tun?
Arbeitnehmer sind auf die pünktliche Zahlung ihres Gehalts angewiesen – schließlich müssen auch sie Rechnungen, Miete und andere Kosten pünktlich begleichen. Für viele Menschen bedeutet dies die Sicherung ihrer Existenzgrundlage, weshalb ausbleibende Gehaltszahlungen oft zu großen finanziellen und emotionalen Belastungen führen. Neben der Unsicherheit über die eigene finanzielle Zukunft kommen oft auch Frustration und Ärger über die Situation hinzu. Um so ärgerlicher ist es, wenn der Arbeitgeber den Lohn zu spät oder gar nicht zahlt. Chef zahlt Lohn nicht was tun? Was Arbeitnehmer in solchen Fällen tun können und wann der Arbeitgeber den Lohn möglicherweise zu Recht verweigert, erläutern wir in diesem Beitrag.
Inhalt
- Wann muss der Arbeitgeber den Lohn zahlen?
- Wann verletzt der Arbeitgeber seine Pflicht zur Lohnzahlung?
- Wann ist der Arbeitgeber berechtigt, den Lohn nicht zu zahlen?
- Welche Möglichkeiten hat der Arbeitnehmer?
- Fazit: Chef zahlt Lohn nicht was tun?
- FAQ
Wann muss der Arbeitgeber den Lohn zahlen?
Ob der Arbeitgeber pünktlich zahlt, bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit. Denn erst ab diesem Datum ist er verpflichtet, den Lohn zu entrichten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können den Zeitpunkt der Fälligkeit entweder vertraglich festlegen oder sich an den gesetzlichen Vorschriften orientieren.
In der Praxis hat es sich – angelehnt an die gesetzlichen Vorschriften – etabliert, den Lohn nach Ablauf eines Monats zu zahlen. Gemäß § 614 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist der Arbeitgeber nämlich verpflichtet, den Lohn nach Erbringung der Arbeitsleistung zu zahlen, d.h. das Gesetz sieht es vor, dass der Arbeitnehmer mit seiner Arbeit zunächst in Vorleistung gehen muss. Erst wenn er seine Arbeitsleistung erbracht hat, kann er am Ende des Monats seinen Lohn dafür verlangen.
In manchen Branchen oder bei speziellen Arbeitsverhältnissen kann es jedoch Abweichungen geben, etwa bei Provisionszahlungen oder projektbezogener Arbeit. Hier ist es entscheidend, die vertraglichen Regelungen genau zu prüfen.
Merke also: Meist ist der Lohn nach Ablauf eines Monats fällig. Das Gehalt muss dann am ersten Tag des neuen Monats auf dem Konto des Arbeitnehmers eingehen. Insbesondere Tarifverträge können von diesem Datum abweichen und frühere oder spätere Fälligkeitsregelungen enthalten.
Wann verletzt der Arbeitgeber seine Pflicht zur Lohnzahlung?
Logisch ist, dass der Arbeitgeber seine Zahlungspflicht verletzt, wenn er gar kein Gehalt überweist. Aber auch in vielen anderen Fällen verhält der Arbeitgeber sich rechtswidrig:
Arbeitgeber zahlt Lohn zu spät
Zum Beispiel dann, wenn der Arbeitgeber den Lohn zu spät zahlt. Sowohl vertragliche als auch gesetzliche Bestimmungen verpflichten ihn, das Gehalt pünktlich auszuzahlen. Kann der Arbeitnehmer am Tag der Fälligkeit seinen Lohn nicht auf seinem Konto verbuchen, ist sein Anspruch auf Lohnzahlung nicht erfüllt.
Auch technische Fehler, wie eine verspätete Überweisung durch die Bank, entbinden den Arbeitgeber nicht von seiner Verantwortung. Arbeitnehmer sollten sich bei wiederholten Verspätungen rechtzeitig rechtlichen Beistand suchen.
Die Verspätung hat für den Arbeitnehmer allerdings auch Vorteile: ab dem Tag der Fälligkeit können Sie Verzugszinsen in Höhe von ca. 4% verlangen. Diese Zinsen können bei lang andauernden Zahlungsverzögerungen durchaus eine relevante Summe ergeben.
Arbeitgeber zahlt Lohn nur teilweise
Zahlt der Arbeitgeber den Lohn nur teilweise aus, kann er damit seine Pflicht auf Lohnzahlung ebenfalls verletzen. Aus welchen Gründen auch immer er das volle Gehalt nicht zahlt – solange dies nicht abgesprochen oder aus besonderen Gründen gerechtfertigt ist, verletzt er damit seine vertragliche Pflicht. Schließlich darf er nicht eigenmächtig über die Höhe des Lohns entscheiden und ihn nach Belieben verändern.
Besonders bei Überstunden ist dies häufig ein Streitpunkt. Laut Gesetz müssen auch diese spätestens mit dem regulären Gehalt ausgezahlt werden, sofern Arbeits- oder Tarifvertrag dies vorsehen. Arbeitnehmer sollten bei ausstehenden Überstundenvergütungen nicht zögern, diese aktiv einzufordern.
Mehr zum Streitfall Überstunden nach Kündigung erfahren Sie in diesem Beitrag.
Arbeitgeber zahlt Lohn nach Kündigung nicht
Auch nach einer Kündigung hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung seines noch offenen Lohns. Meint der Arbeitgeber, das Gehalt für schon erbrachte Arbeit wegen der Kündigung nicht zahlen zu müssen, verletzt er seine vertraglichen Pflichten. Eine Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis nämlich erst für die Zukunft.
Besonders wichtig ist es hier, etwaige Ausschlussfristen in Ihrem Tarif- oder Arbeitsvertrag im Auge zu behalten! Danach verfallen Ansprüche automatisch, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist (z.B. drei Monate) geltend gemacht werden. Fordern Sie Ihren Arbeitgeber nicht zur Zahlung auf, verlieren Sie Ihr Recht auf den noch offenen Lohn. Eine Ausnahme gilt nur für den Lohnanteil, der dem gesetzlichen Mindestlohn entspricht.
Wann ist der Arbeitgeber berechtigt, den Lohn nicht zu zahlen?
Es gibt allerdings Situationen, in denen der Arbeitgeber die Lohnzahlung zu Recht verweigert. In solchen darf er die Zahlung ganz oder teilweise aussetzen:
Ohne Arbeit kein Lohn
Eine klassische Situation: Der Arbeitnehmer erbringt seine Arbeitsleistung nicht. Da das Arbeitsverhältnis ein gegenseitiges Austauschverhältnis ist, kann der Mitarbeiter dann auch keinen Lohn verlangen. Hier kommt der arbeitsrechtliche Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ zum Tragen.
Aber Achtung: es gibt viele Ausnahmen, in denen der Arbeitgeber trotzdem zahlen muss.
Beispielsweise kann der Anspruch auf Lohnzahlung fortbestehen, wenn der Arbeitnehmer
- aufgrund privater Gründe wie einer Beerdigung oder der Geburt des eigenen Kindes von der Arbeit befreit war (sog. Sonderurlaub),
- die Arbeit z.B. wegen unzumutbarer Lücken im Arbeitsschutz oder zuvor schon mehrfach ausgebliebener Lohnzahlungen verweigern durfte (sog. Zurückbehaltungsrecht) oder
- seine Mitarbeit angeboten hat, der Arbeitgeber ihn aber nicht mit Arbeit versorgt (sog. Betriebsrisiko).
Lange oder häufige Krankheit
Der Arbeitnehmer ist länger als sechs Wochen krank. Vor Ablauf der sechs Wochen ist der Arbeitgeber zunächst einmal verpflichtet, den Lohn weiterzuzahlen. So sieht es das Entgeltfortzahlungsgesetz vor. Nach Ablauf dieser sechs Wochen darf der Arbeitgeber die Zahlung dann aber aussetzen. Anschließend steht den meisten Arbeitnehmern das sog. Krankengeld der Krankenversicherung zu.
Die Berechnung der Fortzahlungsdauer kann kompliziert sein. Insbesondere bei erneuter Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Erkrankung darf der Arbeitgeber ggf. schon vor Ablauf von sechs Wochen die Zahlungen einstellen. Wir beraten Sie gerne zu den Details.
Wichtig: Die Regeln des Entgeltfortzahlungsgesetzes finden erst Anwendung, wenn der Arbeitnehmer mindestens vier Wochen ununterbrochen beim Arbeitgeber tätig war.
Mehr zum Thema Kündigungsschutz bei Krankheit lesen Sie in diesem Beitrag.
Änderungskündigung, Kurzarbeit & Insolvenz
Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen: Bei wirtschaftlichen Schieflagen oder anderen Ausnahmesituationen kann Ihr Lohn de facto geringer ausfallen. Das gilt allerdings nur in engen Ausnahmen.
Der wichtigste Anwendungsfall erfordert ohnehin Ihre Zustimmung: Die Änderungskündigung. Der Arbeitgeber bietet hier eine geringere Bezahlung an und droht mit einer Kündigung, sollten Sie diesen neuen Konditionen nicht zustimmen. Solche Änderungskündigungen zur Lohnkürzung sind allerdings nur in engen Grenzen zulässig und können daher oft angegriffen werden.
Gerade in jüngerer Zeit wechselten einige Arbeitgeber in Kurzarbeit und verringern damit den Lohn. In den wenigsten Fällen gestatten bereits Tarif- oder Arbeitsverträge diese Maßnahme. Der Arbeitgeber ist daher auch hier auf Ihre Zustimmung angewiesen.
Auch eine Insolvenz kann de facto ein Grund zur Aussetzung des Lohns sein. Der Arbeitgeber schuldet Ihnen zwar unverändert Ihr Gehalt – allerdings scheitert dies schnell an der Tatsache, dass ihm schlicht das Geld fehlt. Ein gewisser Trost kann das Insolvenzgeld der Arbeitsagentur darstellen, das bis zu drei Monate Ihr Gehalt ersetzt.
Mehr zum Thema Insolvenz des Arbeitgebers, lesen Sie in diesem Beitrag.
Welche Möglichkeiten hat der Arbeitnehmer?
Ein Arbeitnehmer, der grundlos kein oder zu wenig Gehalt überwiesen erhält, steht zum Glück nicht machtlos da. Sie haben verschiedene Möglichkeiten, um Ihren Arbeitgeber zur Zahlung zu bewegen:
- Zunächst sollten Sie Ihren Arbeitgeber auf die ausgebliebene Zahlung hinweisen und ihn gleichzeitig auffordern, das Gehalt innerhalb einer bestimmten Frist zu überweisen. Das können Sie mündlich oder schriftlich tun. Wir empfehlen eine Form der Übermittlung, die sich später beweisen lässt. Außerdem sollten Sie die Form und Frist einhalten, die durch die Ausschlussfrist im Arbeits- oder Tarifvertrag bestimmt wird.
- Zahlt der Arbeitgeber trotzdem nicht, können Sie ihn in einem zweiten Schritt ggf. abmahnen. In einer Abmahnung verlangt der Arbeitnehmer noch einmal die Zahlung seines Lohns und droht gleichzeitig an, bei Nichtzahlung fristlos zu kündigen. Natürlich ist diese Option nur sinnvoll, wenn Sie tatsächlich erwägen, den Arbeitgeber kurzfristig zu wechseln.
- Wenn auch die Abmahnung keine Wirkung zeigt, sollten Sie eine Klage auf Zahlung in Betracht ziehen. Wurden Sie ohnehin gekündigt, können Sie dies mit Ihrer Kündigungsschutzklage verbinden. Das Gericht wird den Arbeitgeber – sofern dieser die Zahlung zu Unrecht verweigert – zur Zahlung verurteilen. Nötigenfalls können Sie Ihren Lohnanspruch anschließend im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen.
- Unter Umständen können Sie auch Ihre Arbeitsleistung verweigern, sollte der Lohn ausbleiben. Solange der Arbeitgeber nicht zahlt, steht Ihnen nämlich ggf. ein sog. Zurückbehaltungsrecht zu. Zunächst einmal sollten Sie damit nur drohen. Besprechen Sie die genauen Voraussetzungen unbedingt vorher mit unserer Kanzlei. Verweigern Sie die Arbeit nämlich zu Unrecht, droht Ihnen eine Kündigung.
- Zuletzt haben Sie die Möglichkeit, Verzugszinsen und Schadensersatz wegen des ausbleibenden Lohns zu verlangen. Ggf. stehen Ihnen auch pauschal 40€ Verzugspauschale zu. Allerdings gehen die Auffassungen der Gerichte hier auseinander.
Welches Vorgehen am sinnvollsten ist, hängt stark vom Einzelfall ab. Wir beraten Sie, wie Sie möglichst schnell Ihren Lohn erhalten.
Sie erreichen uns unter info@kern-peters.de oder +49 (0) 89 21 55 2286.
Fazit: Chef zahlt Lohn nicht was tun?
- Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Ihnen pünktlich den vereinbarten Lohn zu überweisen. Typischerweise ist der Lohn am ersten Tag des folgenden Monats zu zahlen.
- Zahlt der Arbeitgeber den Lohn zu spät, nur teilweise oder – beispielsweise nach einer Kündigung – gar nicht, verletzt er seine vertraglichen Pflichten.
- Aber: Es gibt Ausnahmen, in denen der Arbeitgeber die Zahlung berechtigterweise verweigert. Zum Beispiel dann, wenn Sie nicht gearbeitet haben oder länger als sechs Wochen am Stück krank waren.
- Verweigert der Arbeitgeber die Zahlung zu Unrecht, sollte der Arbeitnehmer dies nicht auf sich sitzen lassen: Durch erneute Aufforderung, Mahnung und schließlich Klage vor dem Arbeitsgericht können Sie Ihren Lohn einfordern.
- Bei verspäteter Zahlung haben Sie auch einen Anspruch auf Verzugszinsen und ggf. auf Schadensersatz.
FAQ
Was kann ich tun, wenn mein Arbeitgeber den Lohn nicht oder zu spät zahlt?
Sie sollten Ihren Arbeitgeber schriftlich zur Zahlung auffordern. Wenn der Lohn weiterhin ausbleibt, können Sie eine Mahnung aussprechen, eine Klage auf Zahlung erwägen oder Ihre Arbeitsleistung verweigern. Zudem können Sie Verzugszinsen und ggf. Schadensersatz verlangen.
Wann ist der Arbeitgeber berechtigt, den Lohn nicht zu zahlen?
Der Arbeitgeber darf die Lohnzahlung verweigern, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht erbringt (z.B. unentschuldigtes Fehlen) oder nach sechs Wochen Krankheit. In besonderen Fällen wie Kurzarbeit oder Insolvenz kann das Gehalt auch reduziert werden, jedoch nur unter strengen Bedingungen.
Was passiert, wenn mein Arbeitgeber den Lohn nur teilweise zahlt?
Auch eine teilweise Lohnzahlung stellt eine Verletzung der vertraglichen Pflichten des Arbeitgebers dar. In diesem Fall haben Sie Anspruch auf den vollen Lohn und können diesen einfordern.
Darf der Arbeitgeber den Lohn nach einer Kündigung zurückhalten?
Nein, auch nach einer Kündigung hat der Arbeitnehmer Anspruch auf das Gehalt für bereits erbrachte Arbeit. Eine Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis erst für die Zukunft, der Arbeitgeber muss bis dahin offenen Lohn zahlen.
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